Erste Schritte auf dem Weg zur Baukultur-Richtlinie
Verlust der historischen Bausubstanz, zunehmende Verkehrsbelastung, immer mehr Bodenversiegelung. Wie geht Ebensee in Zukunft mit diesen Themen um und wie soll sich die Traunseegemeinde in Zukunft baulich weiterentwickeln? Seit September wurden in Ebensee in einem Agenda 21-Prozess die ersten spannenden Schritte auf dem Weg zu einer eigenen Baukultur-Richtlinie gesetzt.
Gemeinsam mit dem Naturraum und sozialen Einrichtungen (wie Wirtshäusern, Treffpunkten, der Feuerwehr, Kino, etc.), Brauchtümern und Traditionen ist Baukultur ein wesentlicher Faktor für die lokale Identität einer Gemeinde. Ebensee hat – unter anderem geprägt durch die historisch gewachsenen "Widersprüche" zwischen Industrieort, Postkartenidylle, Landwirtschaft und Sommerfrische - ein sehr reiches baukulturelles Erbe, wie z.B. historische Arbeiterhäuser. Immer mehr dieser architektonisch bedeutsamen Gebäude fielen jedoch einer oberflächlich modernen Bebauung zum Opfer. Verbunden damit sind, wie in jeder anderen Gemeinde auch, ökologisch bedenkliche Entwicklungen, wie zunehmende Bodenversiegelung oder eine zunehmende Verkehrsbelastung.
Offensichtlich wurde das u.a. im Herbst 2020, als das 400 Jahre alte Wirtshaus "Emseea" abgerissen wurde und nun durch Reihenhäuser ersetzt wird. Innerhalb kürzester Zeit wurde eine Petition zum Erhalt dieses historischen Gebäudes von fast 2000 BürgerInnen unterschrieben. Auch wenn dieser Appell letzten Endes erfolglos verhallte, war er doch ein Impuls, sich nun vertieft mit einem nachhaltigen und sensiblen Umgang mit den baukulturellen Besonderheiten in Ebensee zu beschäftigten.
Architekturspaziergänge, Gemeinderatsklausur und erste Umfrage-Ergebnisse
Im September startete – einstimmig vom Gemeinderat befürwortet - ein in Oberösterreich bisher einzigartigrs Agenda 21-Prozess, in dem die Bevölkerung, die Politik und ExpertInnen gemeinsam eine lokale Strategie für eine nachhaltige Baukultur erarbeiten. Die Baukultur-Richtlinie wird Handlungsanleitungen für Verwaltung, Politik und BauwerberInnen zu Themen wie Qualitätssicherung, Ortsbild oder Raumgestaltung sowie konkrete Baukulturrichtlinien enthalten.
Startpunkt war unter anderem ein gut besuchter Architekturspaziergang, der sich mit einer Reihe von markanten, baukulturell und raumplanerisch interessanten Gebäuden und Orte auseinandersetzte. Dazu wurde ein umfassendes Booklet (siehe QR-Code) verfasst, das Hintergrundinformationen und auch bildhafte Vergleiche von Gebäuden im zeitlichen Verlauf präsentiert. Das Booklet (Folder) liegt auch am Gemeindeamt zur freien Entnahme auf. Im Folder ist per QR-Code ein Audioguide abrufbar, der das Nachwandern der Route im Alleingang ermöglichen soll.
Gleichzeitig wurde eine Online-Umfrage zum Thema Baukultur durchgeführt, die bereits spannende Ergebnisse zum Vorschein brachte. Während die EbenseerInnen zwar mit der Lebensqualität im Allgemeinen sehr zufrieden sind (im Schnitt mehr als 7 von 10 möglichen Punkten), wird das Ortsbild und die bauliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte nur knapp über 3 Punkte bewertet. Dazu passt, dass 83 Prozent der Befragten es begrüßen würden, wenn es mehr Vorgaben zur gestalterischen Qualität im Baubereich geben würde. Ein weiteres wichtiges Thema für die BürgerInnen ist die Beruhigung des Verkehrs (73%) bzw. der Erhalt historischer Gebäude (95%).
Anfang November wurde die Bürgerbeteiligung Corona bedingt eingebremst. Im neuen Jahr geht’s dann sobald wie möglich mit einer ganztägigen Klausur des Gemeinderats und weiteren Workshops weiter, in denen auch die Meinung der BürgerInnen wieder gefragt sein wird. Bis dahin wird versucht, die Zeit mit verschiedenen Onlineformaten zu überbrücken. Zusätzlich soll das laufende Projekt verlängert werden um damit im kommenden Jahr die Wanderausstellung des Architekturzentrums Wien „Boden für Alle“ ins Salzkammergut nach Ebensee zu bringen.